Vortrag von Dr. Christoph Quarch am 02.02.2025
„Zu sein, zu leben, das ist genug!"
Neuen Zugang zu sich selbst finden
Von Mechthild Wiesrecker, in Westfälischer Anzeiger, 05.02.2025
Drensteinfurt - Die Frage nach dem Sinn im Leben stellt sich wohl jeder einmal. Angesichts der unsicheren Weltlage heute vielleicht mehr denn je. Am Sonntag stieß der Vortrag „Zu sein, zu leben, das ist genug! - Von der Kunst des guten Lebens" von Dr. Christoph Quarch, organisiert von der Akademie Gegenwart am Gesundheitszentrum Haus Walstedde, im Bistro Leib & Seele auf großes Interesse.
Mit drei Eigenkompositionen stimmte der heimische Pianist Simon Wiesrecker am Klavier stimmungsvoll auf den Vortrag des Philosophen und Bestsellerautors ein. „Was soll das eigentlich? Was ist der Sinn? Was macht ein gutes Leben aus?", fragte Dr. Christoph Quarch zu Beginn seines Vortrages. Fragen, über die er in den folgenden 90 Minuten philosophierte.
Dass vielen ein gutes Leben schwerfällt, zeigen aktuelle Zahlen: Zehn Prozent der Deutschen leiden an Depressionen. 12,5 Millionen Deutsche leiden an ihrem Leben, bei den Jüngsten sind die Zahlen noch dramatischer. „Das ist beunruhigend und verstörend", so Quarch betroffen. „Leiden wir unter einer kollektiven Psychopathologie?" Und weiter: „Was läuft falsch?"
Zahlreiche Metaphern
Um die Problematik zu veranschaulichen, nutzte der Philosoph zahlreiche Metaphern. Anhand eines Würfels erklärte er die Dimensionen des Menschseins. „Der Mensch ist ein vierdimensionales Wesen, aber wir haben verlernt, in allen Dimensionen zu Hause zu sein", so Quarch. Stattdessen bewege sich die Mehrheit nur an der Oberfläche - auf den ersten beiden Dimensionen: dem Leib (Körper) und dem "Ich oder Ego", geformt von Verstand, Wille und Besitzstreben.
Die beiden tieferen Dimensionen - Selbst oder Seele, die das Wesen eines Menschen ausmachen, und der Geist schlummern hingegen ungenutzt. „Der Zuspruch aus dem Geistlichen ist da, aber wir haben die Antennen dafür verloren", sagte Quarch. Er verglich dies mit einem See: „Wir sehen die Oberfläche, aber tauchen nicht in die Tiefe ab, die unendliche Schätze birgt." Wer in seine Seele eintaucht, wird schöpferisch, kreativ und lebendig. Die vierte Dimension, der Geist, ist die allumfassende, göttliche Ebene, die Menschen verbindet und inspiriert. Er durchdringt das Leben, macht es erfahrbar, wirkt in Beziehungen, Kunst und Natur und schenkt tiefe Erkenntnis.
Neue „Weltreligion"
Grundsätzlich sei es nicht falsch, an der Oberfläche zu leben. Doch seit 400 Jahren habe sich der Mensch dort eingerichtet mit dem Ergebnis des „Homo faber". Heute sei es der „Homo oeconomicus", der alles instrumental und zielgerichtet betrachte. Sein Betriebssystem sei auf Fragen wie „Was bringt mir das?", „Was habe ich davon?" und „Wie kann ich mehr bekommen?" ausgerichtet. Und es werde noch schlimmer, prophezeite Quarch: Der Mensch des 21. Jahrhunderts strebe als „Homo deus" nach Allwissenheit, Allmacht und Unsterblichkeit - mithilfe von Informations- und Computertechnologie. Eine neue Weltreligion entstehe: der Dataismus, in dem Daten über allem stehen.
Probleme ließen sich nur beheben, wenn wir wieder Zugang zu der dritten und vierten Dimension bekämen. Heilung komme aus Geist und Seele. Das Ziel müsse daher eine „Religio" sein - eine Rückbindung an die tiefen Dimensionen von Seele und Geist. Dies gelinge durch echte Begegnungen: mit Menschen, Tieren, der Natur oder Kunst. Es erfordere Mut, sich auf die „Konversation des Lebens" einzulassen und mit allen Wesen zu kommunizieren. „Man muss nicht alles haben, was man will, aber man sollte alles sein, was man sein könnte", philosophierte Quarch. Der Vortrag endete mit einer lebhaften Diskussion mit den rund 70 Anwesenden.