Dienstag, 20. Mai 2025
ganztägig im Hotel „Leib & Seele“ des Hauses Walstedde
Workshop
DBT-A (Dialektisch-Behaviorale Therapie für Jugendliche)
Die DBT-A besteht aus einer Kombination zwischen Einzel- und Gruppentherapie. In der Gruppentherapie werden folgende Themengebiete behandelt:
- Achtsamkeit
- Stresstoleranz
- Emotionsregulation
- Zwischenmenschliche Fertigkeiten
- „Walking the Middle Path"
In der DBT-Konzeption wird von einem multifaktoriellen Modell ausgegangen. Die Mischung aus erhöhter Sensibilität der Person in Kombination mit leichter Erregbarkeit (im Sinne von Impulsivität), einer erschwerten Rückkehr in den Ruhezustand zusammen mit abwertenden Erlebnissen führt zu impulsiven Handlungen. Zu diesen impulsiven Handlungen zählen Selbstverletzung, parasuizidale Handlungen, Alkohol- und Drogenmissbrauch oder riskante sexuelle Praktiken.
Es sollen entsprechend dem Erklärungsmodell Fertigkeiten/ Skills vermittelt werden. Da es sich um Minderjährige handelt, ist es sinnvoll, gegebenfalls auch einen Elternteil mit zu unterweisen, um so eine Erhöhung der Stresstoleranz, eine Verbesserung der Emotionsregulation und einen Abbau des „Alles-oder-Nichts"-Denkens zu bewirken.
Die Aufgabe der behandelnden Personen ist, eine Balance zu finden zwischen Strategien des Verstehens und Respektierens eines Problems und dessen Veränderung. Diese „dialektische Strategie" (Linehan, 1996) bildet die Grundlage für die Bezeichnung Dialektisch-Behaviorale Therapie. Im Sinne der DBT betrachtet Dialektik scheinbare Gegensätze in der Welt des Patienten, um sie aufzulösen und schrittweise zu integrieren.
Die DBT umfasst Einzeltherapie und Fertigkeitentraining in der Gruppe.
In der Einzeltherapie werden die Problembereiche hierarchisch im Sinne der Dringlichkeit geordnet. Vorrangig stehen suizidales und parasuizidales Verhalten, gefolgt von therapiegefährdendem Verhalten, Beeinträchtigungen der Lebensqualität und mangelnde Verhaltensfertigkeiten. In dieser Reihenfolge werden die Problemfelder bearbeitet und – falls nötig – geht der Behandlungsfokus umgehend nochmal auf die nächsthöhere Ebene zurück.
Wesentliche Grundlage der Behandlung ist eine tragfähige therapeutische Beziehung mit Unterstützung des Therapeuten in Hilfs-Ich-Funktion, beispielsweise bei angemessener Grenzsetzung, Entwicklung der Selbstdisziplin, Wertschätzung erreichter Fähigkeiten und anderem.
Invalidierung
Der Begriff der Invalidierung spielt in der Dialektischen-Behavioralen Therapie (DBT) eine zentrale Rolle. Er bezieht sich auf die Beschreibung von Vorgängen und Situationen, in denen Menschen einem ungünstigen Klima von mangelndem Einfühlungsvermögen bis hin zu Missbrauchserfahrungen und Ablehnung oder Nichtanerkennung der emotionalen Erfahrungen einer Person ausgeliefert sind.
Invalidierung wird als ein bedeutender Faktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von emotionalen Problemen betrachtet, insbesondere bei Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS), kann jedoch auch bei affektiven Störungen (z. B. der Depression) oder Sozialen Angststörungen sowie bei Patienten mit Essstörungen angewandt werden.
Besondere Rolle bei der Behandlung von BPS-Patienten kommt der therapeutischen Beziehung zu, da diese Patienten mehr als andere zu voreiligen Therapieabbrüchen, schwierigem Agieren, extremem Negativismus usw. neigen, insbesondere durch ihre diversen Probleme im emotionalen und zwischenmenschlichen Bereich und entsprechendem Mangel an geeigneten Bewältigungsformen. Zwischen den Patienten und Therapeut/Klinik wird ein sog. Commitment (dt.: Verpflichtung bzw. Verpflichtungserklärung) geschlossen. Die Patienten verpflichten sich zur Mitarbeit und Einhaltung von Regeln und Abmachungen, der Therapeut verpflichtet sich zur bestmöglichen Hilfestellung. Das Commitment wird regelmäßig während der Therapie geprüft und ggf. erneuert oder modifiziert (erweitert).
Fertigkeiten bzw. Skillstraining
In der Dialektisch-Behavioralen Therapie ist das Fertigkeiten- bzw. Skillstraining von fundamentaler Bedeutung und nimmt einen großen Teil der Therapie ein. Es besteht aus fünf Modulen:
- Modul Achtsamkeit
Das Modul Achtsamkeit beschäftigt sich damit, dass immer nur eine Aktivität nach der anderen ausgeführt wird, um die Umgebung und sich selber achtsam wahrzunehmen. Ein anderer, sehr großer Bestandteil ist zu üben, sich und andere nicht zu bewerten. Ein weiterer Inhalt ist, wirkungsvoll zu handeln, d. h., sich nicht darauf zu konzentrieren, was gerecht ist, sondern im Blick zu behalten, was umsetzbar ist. Da Borderline-Patienten, aber auch Patienten mit anderen psychologischen Erkrankungen, einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben, gilt dieses Thema als sehr hilfreich. - Modul Zwischenmenschliche Fähigkeiten
Das Modul Zwischenmenschliche Fertigkeiten soll dazu befähigen, Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen. Dabei geht es darum, in der Begegnung mit anderen abzuwägen, ob es in der jeweiligen Situation wichtiger ist die Beziehung aufrechtzuerhalten oder den eigenen Willen durchzusetzen. Faktoren, die die soziale Kompetenz des betreffenden Teilnehmers beeinträchtigen, werden herausgearbeitet, sowie Faktoren, die seine Kompetenz fördern. Zu den jeweiligen Bereichen werden förderliche Selbstaussagen erarbeitet (z. B. „Ich kann mir selbst vertrauen. Ich darf mich selbst achten. Ich bin es wert, geachtet zu werden. Ich bin berechtigt, dafür zu sorgen, dass es mir gut geht."). Es soll dem Menschen möglich werden auf eigene Wünsche, Ziele und Meinungen bestehen zu können, ohne die Beziehung zum Anderen zu gefährden, dabei von anderen Menschen respektiert zu werden und die eigene Selbstachtung aufrechtzuerhalten.
Dieses Modul ist verwandt mit dem sozialen Kompetenztraining. Es geht um die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse, deren Äußerung, Durchsetzung und Abgrenzung gegenüber Anderen. Soziale Selbstsicherheitsstrategien werden vermittelt und entsprechende Verhaltensweisen trainiert mit dem Ziel die Kompetenz im Umgang mit anderen zu stärken. Beispielsweise: „Wie kann ich fragen, wenn ich etwas brauche? Wie kann ich nein sagen oder mich besser durchsetzen? Wie kann ich mit Konflikten mit anderen Menschen angemessen und effektiv umgehen? Wie kann ich eine Beziehung pflegen?" - Modul Emotionsregulation
Im Modul Emotionsregulation lernen die Patienten ihre unterschiedlichen Gefühle zu erkennen, zu benennen und ihre Bedeutung für ihr Handeln zu begreifen. Gefühle sind Signale, die dem Menschen Orientierung geben, beispielsweise darüber, ob ihn etwas wütend macht und es ist wichtig auch unangenehme Gefühle auszudrücken. Besprochen und geübt werden Fertigkeiten wie Beobachten, Beschreiben und Verstehen von Gefühlen, Verwundbarkeit verringern, Schritte in Richtung angenehmer Gefühle tun, emotionales Leiden loslassen. Ziel ist es Gefühle in ihren Bedeutungen und Auswirkungen verstehen und akzeptieren zu lernen und das Vertrauen in die eigenen Gefühle zu stärken. - Modul Stresstoleranz
Bei der Stresstoleranz ist der erste Schritt das Akzeptieren der Tatsache, in dem Moment im Stress zu sein. Als Möglichkeit bleiben in diesen Momenten das Abstandnehmen (innerlich einen Schritt zurücktreten), das Denken auf das Jetzt und die nächsten Minuten zu beschränken, und der Einfluss eines starken Sinnesreizes, um die Situation durchzustehen. Die Patienten lernen, Krisen auszuhalten und Spannung zu reduzieren durch Techniken wie: sich durch starke sensorische Reize ablenken (z. B. Eiswürfel), durch verschiedene Techniken „den Augenblick verbessern", „Pro und Contra" (welche Argumente sprechen für selbstverletzendes Verhalten, welche dagegen), Akzeptieren der Realität, Atemübungen, „leichtes Lächeln" und Achtsamkeitsübungen. Ein weiteres Ziel ist, zu lernen, unangenehme Ereignisse und Gefühle zu ertragen, solange sich die Situation nicht verändern lässt („radikale Akzeptanz"). - Modul Selbstwert
Beim Modul Selbstwert soll der/die Betroffene erlernen, dass auch er/sie etwas wert ist. Die Haltung zu sich selbst soll verbessert werden, es soll erlernt werden, auf sich zu achten, sich selbst zu lieben und sich um sich selbst zu sorgen. Ziel der Übung ist der Aufbau eines gesunden Selbstvertrauens und Selbstakzeptanz.
Die Patienten werden angeleitet, sich einen individuellen „Notfallkoffer" einzurichten, in dem wichtige Hilfsmittel für Stresstoleranz-Fertigkeiten aufbewahrt werden. Kärtchen, auf denen die hilfreichsten Fertigkeiten eingetragen sind, sollten die Patienten bei sich tragen. Die Patienten erhalten außerdem Formulare, auf denen die gelernten Fertigkeiten eingetragen sind, und protokollieren, welche Fertigkeiten sie mit welchem Erfolg geübt haben.
Weiterführende Literatur
- Marsha M. Linehan: Dialektisch Behaviorale Therapie der Borderline- Persönlichkeitsstörung, 1996.
- Martin Bohus: Borderline-Störung. Hogrefe-Verlag, 2002.
- Alice Sendera, Martina Sendera: Skills-Training bei Borderline-und Posttraumatischer Belastungsstörung. 4. Auflage. Springer, 2016