Lesung von Marie Kortenbusch am 21.01.2024
„Wie Gott mich schuf. katholisch – queer – #OutInChurch“
Von Angelika Knöpker
Walstedde. „Wieviel kann/muss ein Mensch ertragen und woher nimmt er die Kraft?" Antworten auf diese Fragen gab am Sonntagabend Marie Kortenbusch. Auf Einladung der „Akademie Gegenwart" am Gesundheitszentrum Walstedde las die 64Jährige aus ihrem Buch „Wie Gott mich schuf". Es zeichnet das Bild einer starken mutigen Frau, die 40 Jahre lang mit ihrer Frau Monika Schmelter in einer lesbischen Beziehung gelebt und sie geheim halten musste. Schließlich war sie Religionslehrerin an einem Gymnasium. Für die Katholische Kirche war ein „outing" damals ein Kündigungsgrund. Verständnis und Solidarität erlebte sie erst in einer niederländischen Hausgemeinschaft und der queeren Gemeinde Münster, der beide seit 25 Jahren angehören.
Den Stein ins Rollen brachten Interviews für die ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf". Vor zwei Jahren zählten Marie Kortenbusch und ihre Frau zu den sechs Personen, deren Geschichte ausführlich dargestellt wird. „So wurde ich in der Öffentlichkeit ein Gesicht des großen Coming-Outs vieler Betroffener", erzählt sie und gibt Einblicke in ihre bewegende Lebensgeschichte, die in der Kindheit geprägt war von unvorstellbaren Misshandlungen und Einsperren in Schränke. „Ich wurde geschlagen, ausgepeitscht und mit der Heugabel bedroht." Mit diesen Schilderungen sorgte sie bei den Zuhörern für Gänsehaut pur. „Es war ein Trauma, das nicht ausgelöscht, nur überschrieben werden kann", sagt Marie Kortenbusch heute, die alle Kraft aus ihrem tief verwurzelten Glauben zieht.
Schon sehr früh habe sie sich mit Gott und der Katholischen Kirche beschäftigt und oft gehadert. „Doch meine tiefe Gläubigkeit hat mir Halt gegeben", gibt sie die Antwort auf die Frage, warum sie nach allem Erlebten nicht aus der Kirche ausgetreten ist. „Nur wenn ich aktiv mitarbeite, kann ich Veränderungen anstoßen". Monika Schmelter pflichtet ihr bei. „Wir haben durch „#OutinChurch" erreicht, dass private Beziehungen nicht mehr Grund für Kündigungen im kirchlichen Bereich sein dürfen", nennt die frühere Ordensfrau ein Beispiel.
Das Publikum feiert gedanklich mit, wenn die Autorin von ihrer Hochzeit mit 45 Gästen neun Jahre nach dem Kennenlernen in einem niederländischen Dorf erzählt.
Kämpfen, nicht aufgeben, das hat sich für das Paar ausgezahlt und anderen Mut gemacht, auch wenn es immer noch Diskriminierungen gibt
Das Publikum honorierte die spannende Lesung mit einem großen Applaus und im Anschluss signierte die Autorin noch einige Exemplare ihres beeindruckenden Buches.